Wie funktioniert die Einkommensermittlung bei Selbständigen?

Die Einkommensermittlung bereitet regelmäßig besondere Schwierigkeiten, wenn Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit vorhanden sind. Bei derartigen Einkünften ist der Gewinn gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG im Wege der Bilanzierung oder durch eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung zu ermitteln. Für die Einkommensermittlung sind grds. folgende Unterlagen heranzuziehen:

  •  Einnahmen-Überschuss-Rechnung
  •  Bilanz, falls bilanziert wird
  • Betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWA)
  • Summen- und Saldenlisten
  • Einkommensteuerbescheide nebst den dazugehörigen Erklärungen
  • Umsatzsteuerbescheide

Die erstellten Bilanzen bzw. Einnahmen-Überschuss-Rechnungen sind dabei nach unterhaltsrechtlichen Gesichtspunkten zu überprüfen. Nach der Rechtsprechung werden nämlich nicht alle steuerrechtlich möglichen Ausgabeposten unterhaltsrechtlich anerkannt. Regelmäßig wird von dem Unterhaltsberechtigten sorgfältig zu prüfen sein, in welchem Umfang Betriebskosten ausgewiesen wurden, die letztlich allein, überwiegend oder aber zumindest auch dem Privatbereich zuzurechnen sind. Folgende Positionen sind besonders zu hinterfragen:

Leasingraten: Hier ist eine Angemessenheitsprüfung angezeigt und zu hinterfragen, ob die Leasingraten in einem angemessenen Verhältnis zu den Einkünften stehen.

Geschenke: Werbegeschenke, ggf. für private Zwecke.

Miete und Raumkosten: Wird eine Immobilie teils privat, teils betrieblich genutzt, können Hauslasten und Nebenkosten nur anteilig als Betriebsaufwand angesetzt werden.

Personalkosten: Oft hat der Ehegatte während des Zusammenlebens der Eheleute zur Kostenerhöhung des Selbständigen durch eine geringfügige Nebentätigkeit beigetragen, ohne tatsächlich zu arbeiten.


Auf welchen Zeitraum erstreckt sich die Einkommensermittlung?

Bei Selbstständigen sind für die Einkommensermittlung grds. die vergangenen 3 Geschäftsjahre (die regelmäßig mit den Kalenderjahren übereinstimmen) relevant. Dabei geht die Rechtsprechung davon aus, dass es einem Selbstständigen möglich ist, innerhalb von 6 Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres die Gewinnermittlungsunterlagen fertigzustellen. Bei den Selbstständigen ist immer darauf zu achten, dass diese möglicherweise nicht nur Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit (Gewerbebetrieb, Freiberufler), sondern auch Einkünfte aus Kapitalvermögen (insbesondere GmbH-Gesellschafter und Aktionäre) erzielen.


Wie werden Abschreibungen bzw. AfA unterhaltsrechtlich behandelt?

Vielfach werden im Rahmen von Gewinn- und Verlustrechnungen oder Einnahmen-Überschuss-Rechnungen in größerem Umfang Abschreibungen bzw. Absetzungen für Abnutzung (so genannte AfA) in Ansatz gebracht. Der BGH hatte hierzu im Jahre 1980 im Grundsatz vertreten, dass dem durch das steuerliche Institut der Abschreibung pauschal berücksichtigten Verschleiß von Gegenständen des Anlagevermögens oft keine tatsächliche Wertminderung in Höhe des steuerlich anerkennungsfähigen Betrages entspricht und erst recht keine entsprechende Minderung des Einkommens festgestellt werden kann. Es wurde nach dieser älteren BGH-Rechtsprechung verlangt, dass der Unterhaltspflichtige darlegt, welche Nutzungsdauer die abgesetzten Wirtschaftsgüter im Einzelnen haben; danach waren ggf. die jährlichen AfA-Raten unterhaltsrechtlich neu festzusetzen. Seit einem Urteil des BGH aus dem Jahre 2003 ist dieses jedoch anders zu beurteilen. Nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH kann im Regelfall der Ansatz der linearen AfA nach den von der Finanzverwaltung herausgegebenen AfA-Tabellen in die Ermittlung des unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommens übernommen werden. Die Gerichte sind jedoch nicht daran gebunden.