Sorgerecht: Impfen oder nicht impfen - das ist hier die Frage!

Nach Auffassung des Thüringer Oberlandesgerichts umfasst die einem getrennt lebenden Elternteil zustehende Alltagssorge (§ 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB) nicht die Befugnis, über die Vornahme oder Nichtvornahme von Schutzimpfungen seines minderjährigen Kindes autonom zu entscheiden. Denn in Impfangelegenheiten handelt sich um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 1628 Satz 1 BGB, deren Entscheidung das Familiengericht bei Dissens der Kindeseltern einem Elternteil übertragen kann.

Die sorgerechtliche Einordnung der Vornahme von Schutzimpfungen ist in der Rechtsprechung umstritten und bislang nicht abschließend durch den Bundesgerichtshof geklärt. Im Einklang mit der Rechtsprechung des Kammergerichts Berlin stellt nach Auffassung des OLG Thüringen die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang ein Kind geimpft werden soll, eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 1628 S. 1 BGB dar, weil sie mit der Gefahr von Komplikationen und Nebenwirkungen verbunden ist. Dies hat zur Folge, dass bei einer gemeinsamen elterlichen Sorge beide Elternteile die Entscheidung darüber treffen müssen, ob das Kind geimpft wird oder nicht. Können sich die Eltern in dieser Frage nicht einigen, kann das Gericht einem Elternteil die Entscheidungsbefugnis in dieser Frage alleine übertragen.


(Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 07. März 2016 – 4 UF 686/15 –, Rn. 19, juris)